Es war einmal eine Kartoffel und eine Tomate.

    Es war einmal eine Kartoffel und eine Tomate.
    Die Kartoffel lebte in einem dunklen, engen Loch.
    Die Tatsache in diesem stickigen Erdloch den Großteil
    ihres Lebens zu verbringen, verbesserte ihre mürrische,
    depressive Stimmung nicht gerade.
    Freiheit, Lebensfreude, Licht waren dieser schmutzigen,
    grauen Kartoffel völlig unbekannt.
    Selbst als sie eines Tages aus diesem schattigen dunklen
    Gefängnis ausgegraben wurde, änderte sich ihre Stimmung nicht.
    Launisch blinzelte sie in die Sonne und ärgerte sich dabei sofort
    über das grelle Licht. Während sie mürrisch über ihr bitteres Los
    als Kartoffel nachdachte, wurde sie plötzlich von einer
    freundlichen Stimme angesprochen: „Was machst du denn für ein
    Gesicht, sieh doch wie herrlich die Welt ist.“
    Die Kartoffel schaute sich um und entdeckte eine Tomate, die durch
    ihre frische Röte Lebensfreude und Kraft ausstrahlte. „Du hast gut
    reden,“ murrte die Kartoffel. „Schau dich doch an! Du siehst gut
    aus, du kennst nur die Freiheit und genießt es im Licht, ja im
    Rampenlicht zu stehen. Dein Leben besteht nur aus Vorteilen,
    während ich von Anfang an benachteiligt war. Bei mir hat Gott
    wirklich gespart. Ich weiß gar nicht warum er mich überhaupt
    gemacht hat. Bei dir ist alles leuchtend und schön und bei mir...!?“
    Die Tomate erwiderte erstaunt:
    „Bei dir gibt es wohl nur gut oder schlecht, schwarz oder weiß,
    hell oder dunkel, wie? Gibt es bei dir denn gar nichts dazwischen?
    Die Kartoffel machte ihre Kartoffelaugen ganz klein und
    zischte erbost: „Dazwischen – ich hab doch Augen im Kopf.
    Ich seh, was ich seh und wenn ich deine und meine Situation
    und unsere Lebensbedingungen vergleiche, dann ist es
    eindeutig...“
    Die Tomate unterbrach die Kartoffel: „He, Kartoffel, kneif doch
    deine Augen nicht vor der Wirklichkeit zusammen. Leg dich doch
    mal den ganzen Tag in die Sonne, so wie ich – das hat auch
    Schattenseiten und vor allem bist du gar nicht dafür geschaffen.
    Überleg doch mal, wie wir aussehen, wenn wir unser Plätze
    tauschen würden...“ Die Kartoffel wirft ein: „Das wäre genial!“
    Aber die Tomate fährt unbeirrt fort: „Wenn wir unsere
    Lebensbereiche tauschen würden, dann würdest du in der Sonne
    schrumpeln, deinen Saft verlieren und vertrocknen.
    Und ich würde in der Erde verfaulen.“
    Die Kartoffel dachte über diese Worte eine ganze Zeitlang nach.
    Dann meldete sie sich kleinlaut zu Wort. „Ich glaube du hast recht.
    Der Schöpfer hat mir wirklich gute Lebensbedingungen gegeben.
    In der Erde habe ich alles was ich zum Wachsen und Leben brauche.“

    „Ja“, strahlte die Tomate, „und stell dir vor, es würde nur Tomaten geben und keine
    Kartoffeln, dann würden die Menschen beim Essen nie satt, denn wir Tomaten haben viel zu
    wenig Nährstoffe. Aber du bist doch ein Grundnahrungsmittel. Du wirst gebraucht!“
    Ganz stolz spannt sich plötzlich die Haut der Kartoffel. „Stimmt“ Und vielseitig kann man
    mich auch zubereiten.“ „Eben“, nickte die Tomate „und als Ergänzung brauchen wir uns
    gegenseitig.“ Bei diesen Worten platzte die Haut der Tomate beinahe vor Freude. Denn es gab
    für sie nichts Schöneres, als wenn andere entdeckten, dass sie wichtig sind. Schließlich
    kommt es doch auf die bunte Vielfalt an.


    Vielleicht geht es Dir auch manchmal so, wie der Kartoffel, dass Du Dich benachteiligt fühlst.
    Dann denk dran:
    Du bist wichtig, egal wie Du aussiehst und was Du hast oder nicht hast.
    Für Dich persönlich